Wenn es zum Thema OpenData kommt, bin ich, was die deutschen Bemühungen angeht, bisher noch sehr kritisch. In den letzten zwei-drei Jahren gab es hier zwar etwas Bewegung, aber ich will hier kurz den Stand der Dinge- mit subjektiver Färbung- präsentieren. Dazu werde ich kurz die einzelnen Beteiligten nennen, Datenbereitstellungen aufzeigen und meine persönlichen Erfahrungen mitteilen.
Der föderative Charakter Deutschlands (als Unternehmensberater nennt man das ja gern „historisch gewachsen“) schlägt sich leider nicht nur in der kleinstaatlichen Bildungspolitik sondern auch in der Geodateninfrastruktur nieder.
GDI-DE
Die Bundesländer besitzen ihre eigenen Infrastrukturen und Portale als Sprachrohre der ländereigenen Vermessungs-/ Katasterämter. Aber bereits 2003 hieß es: „Ziel der GDI-DE® [Geodateninfrastruktur Deutschland] ist es, die in der Verwaltung und der Wirtschaft vorliegenden Geoinformationen durch eine länderübergreifende Vernetzung von Internet-Diensten öffentlich verfügbar zu machen. Wesentliche Basis für die Gestaltung von offenen Geodatennetzwerken über Internet sind Standards für den Austausch der Geobasis,-Geofach- und Geometadaten.“ (Quelle)
INSPIRE
Das klingt doch mal nach einem guten Vorsatz. 2007, nachdem also vier Jahre im Kontext von GDI-DE vergangen waren, kam der nächste große „Schlag“ mit Inspire: „INSPIRE soll die grenzübergreifende Nutzung von Geodaten in Europa erleichtern. Diese INfrastructure for SPatial InfoRmation in Europe (INSPIRE) ist das Vorhaben für eine gemeinsame Geodateninfrastruktur in Europa. Die Europäische Union will damit gemeinschaftliche umweltpolitische Entscheidungen unterstützen.“ (Quelle). Nun auf der gleichen Seite heißt es aber: „Geodaten werden auf jener Verwaltungsebene gespeichert, zugänglich gemacht und verwaltet, von der aus sie Nutzern den größten Mehrwert bieten, sich leicht vernetzen und für unterschiedliche Anwendungen einsetzen lassen.“ Was soviel heißt wie: jeder macht sein Ding und wenn man Glück hat, machen Sie am Ende etwas ähnliches. Die Beschreibung eines zentralen Portals sieht IMO anders aus. Schauen wir uns demnach doch einmal die Umsetzungen für den Bürger/Geodateninteressierten exemplarisch in den Bundesländern an, bevor wir auf Bundesebene gehen.
Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein fiel mir in den letzten Monaten vor allem durch die zahlreichen Jobangebote mit der Suche nach INSPIRE-kenntnissreichen Personal auf. Auf den Seiten des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation Schleswig-Holstein werden eine Vielzahl von Links und Informationen zu Geodaten mit teils kryptischen Begriffen dargestellt. Wenn es zur Frage kommt: Wo bekomme ich Geodaten her, fiel mein erster Blick auf den Link Preise und Entgelte. Topo-Karten für 4,9€ – gut das sind etwas mehr als die Druckkosten. Nächste Frage: Gibt es das auch als kostenlosen Download? Also mal schnell die digitalen topographischen Karten angeklickt. Hier kann man sich an Testdaten zum Download erfreuen, welche mit einem Schriftzug in der Karte zusätzlich „verschönert“ ist:
Aber ich lass mich ja nicht entmutigen: GeoServer Schleswig-Holstein klingt ja vielversprechend. Die erste Überraschung beim Klick auf den Link folgt:
Kein Wunder: die Seite weist als Datum der letzten Änderungen das Jahr 2008 aus. Zum Glück hat Schleswig-Holstein aber DANord (Digitaler Atlas Nord). Interessantes Interface aber WMS Dienste zum Einbinden in ein GIS meiner Wahl? Hier habe ich ohne Weiteres keine Adressen gefunden.
Fazit:Es ist ein unübersichtliches Geflecht aus verschiedenen Portalen und Anwendungen, die zwar fachlich ähnlich sind aber schlecht auseinander zu halten sind. Aktualität ist was anderes, wenn ich sehe, das DANord aus dem Jahr 2007 ist.
Hamburg
Der Blick auf den ersten Treffer bei Google ließ mich aufschrecken: Vermischung von Zuständigkeiten zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg, aber der angeschlossene Webatlas war schon ganz gut. Hier kann man sich ähnlich wie im DANord einzelne Layer anzeigen lassen. Ich fand auch eine Liste mit WMS Service-Links der Hansestadt Hamburg aber ein exemplarischer Test in QGIS zeigte mir nur in ca. 50% der Fälle Geodaten an ( funktioniert (aber warum Stadtzentren als WMS?), funktioniert irgendwie nicht , funktioniert teilweise). Und mal ganz ehrlich: Wieso ist in der Detailansicht eines WMS der entscheidende Link eigentlich im Reiter „Fachbezug“ anstatt unter „Verfügbarkeit“ oder „Allgemeines“. Auch im „Geoportal“ gibt es wieder die Möglichkeit, Kartengrundlagen kostenpflichtig zu bestellen. Die Seite des LGV ist mehr oder minder aufgeräumt, man findet schnell den Zugang zu den Webviewern. Warum allerdings eine WMS Adresse zu Metadaten gehört, frage ich mich ehrlich. Vor allem wenn man bedenkt, dass so ein WMS/WFS die einzige Möglichkeit ist, die Daten zuhause richtig zu nutzen. Aber eventuell kenne ich mich definitorisch da auch nicht so aus.
Fazit: Es ist ein aufgeräumtes Angebot mit dem Metadatenkatalog in dem man nach speziellen WMS/WFS suchen kann. Das gefällt. Eine Downloadmöglichkeit von Shapefiles oder Rasterdaten konnte ich nicht finden… Schade! Sidekick: Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie bietet ebenfalls WMS/WFS-Verbindungen an.
Sachsen-Anhalt
Sachsen-Anhalt, das Land der Frühausfsteher. Beginnen wir hier beim Landesamt für Vermessung und Geoinformation. Ein Besuch zeigt schnell auf: Downloadbereich, Geoshop, Sachsen-Anhalt Viewer…
Downloadbereich? Naja, Testdaten gibts gern, Overlays die ein normales QGIS nicht visualisieren kann und ansonsten viel kostenpflichtiges Zeugs. Es bleibt also auch hier dabei: Steuern finanzieren die Arbeit der Landesvermessungsämter, die bieten die Resultate Ihrer Arbeit wieder zum Kauf an. Eigentlich ein ungeheuerlicher Vorgang. Und am Ende zahlt man nochmal MwSt…. (wie war das mit der Doppelbesteuerung?
Gehen wir mal zum Geoshop, dem kostenpflichtigen Bereich: Topokarten zum Versand und vieles mehr. Alles in allem nichts modernes oder etwas zum Herunterladen.
Sachsen-Anhalt Viewer: Hey, ich erwarte da doch mindestens eine OpenLayers basierte Webatlasanwendung… aber das hier prangte mir entgegen (Stand 26.12.2013):
Zum Glück ist auch das Angebot in Sachsen-Anhalt mannigfaltig/unübersichtlich. Hier wird also auf den Geodatenviewer des Bundes verwiesen. Dazu aber später. Dann wieder der Lichtblick: ein WMS Dienst. Aber hier mal was neues: Testdaten gibts direkt („Die Nutzung des Test-WMS ist kostenfrei möglich.“), für weitere Services muss man sich erst per Mail anmelden. Naja, nutzerfreundlich geht anders.
Fazit: Leider ein sehr durchwachsenes Angebot, soweit ich das überblicken konnte.
Hessen
Mit einer kurzen Suchanfrage bekommt man für Hessen gleich zwei ähnliche Links: das Geoportal Hessen und die Seite Geodaten online. Hier zeigt sich ein ähnliches Bild wie in Hamburg: WMS/WFS Dienste sind über den Geodatenkatalog abrufbar, die Einbindung in QGIS funktioniert aber anscheinend besser als für den Hamburger Server. Die WMS Dienste werden hier durch ESRI Software bereitgestellt.
In diesem Bereich: gute Datenmenge, Daten sind einfach zu finden… Aber wieso sind Daten wie die topographische Karte 1:50.000 nur beschränkt als WMS abzurufen ?
Geodaten Online scheint hingegen genau das nicht allein zu sein. Hier findet man die Geodaten aus dem Geoportal und noch einiges mehr an Geodaten in gedruckter und downloadbarer Form, nachdem man sich als „Nutzer“ mit Adresse und Telefonnummer registriert hat.
Fazit: Wieder also ein mehr oder minder „kommerzielles“ Angebot. Für mich nicht benutzerfreundlich genug! Die Menge an katalogisierten Geodaten ist aber umfangreich. Für den Zugriff auf eben jene, gibt es wieder nur die Schulnote 4+.
Bundesebene
Auch auf Bundesebene zeigt sich mir leider die Mannigfaltigkeit nicht als Positivum sondern leider als Manko. Fangen wir mit dem Bundesamt für Kartographie und Geodäsie an. Auch hier wieder viele kostenpflichtige Services. sehen wir mal von den peinlichen Bildern des letzten Jahrtausends ab, werden wir hier mit einem Geodaten-Shop, Karten-Shop und einem Dienste-Shop. Ehrlich gesagt: Geodaten und Dienste… wo ist da der Unterschied?!
Wenn ich davon ausgehe, dass ich vom BKG schon erwarten kann, die Bundesländergrenzen als Vektorshapefile/WFS zur freien Verfügung zu bekommen, bin ich doch von folgendem Satz im Dienste Shop etwas verstört: „Hier können Sie Ihr Interesse an der Inanspruchnahme eines verfügbaren Dienstes bekunden. Mitarbeiter des BKG werden sich darauf mit Ihnen in Verbindung setzten und die Vertragsgestaltung, Abrechnungsmodelle und weitere technische Details besprechen.“ (Quelle).
Wenn es aber zu den Verwaltungseinheiten kommt, kann uns ja eventuell der OpenData Menüpunkt helfen. Und siehe da, es gibt aktuelle Verwaltungsgrenzen und sogar ein DEM Deutschlands in der atemberaubenden Auflösung von 200m oder 1000m…. Man mag etwas gegen die Amerikaner haben, aber ich bekomme mit SRTM und dem unkomplizierten Zugang zu eben jenem DEM-Derivat mit einer Auflösung von 90m um einiges bessere Daten.
Dann haben wir noch den neuesten Wurf: Geoportal.de . Sorry aber an meiner Einschätzung von damals hat sich nicht viel verändert. Die Datenmenge scheint größer geworden zu sein. Ein kurzer Test auf topographischen Karten von Mecklenburg-Vorpommern war aber voller Fehler in QGIS. Wenigstens funktionierte eine Abfrage auf den WMS Server für topographische Daten Mecklenburg-Vorpommerns der als INSPIRE definiert ist. Aber auch hier die Frage: Wieso werden Vektordaten als WMS anstatt als WFS angeboten und wieso nicht downloadbar? Überblendungen und Datenänderungen sind auch nicht möglich. Nächster Kritikpunkt am Portal: WMS Zugangsdaten sind nicht einheitlich was die Nutzung extrem unzufriedenstellend macht.
Fazit: Der Bund ist auf die unterliegenden Ebenen angewiesen und sammelt hier die Geodaten ab. Insgesamt muss er also den gemeinsamen Nenner aller möglichen Angebote hübsch verpacken. Dies führt aber zu einem unübersichtlichen und nicht gerade benutzerfreundlichen Angebot. Ich erwarte Downloads und nicht immer nur WebServices! Aber ich hoffe, dass sich dies in Zukunft ändern wird.
AUFRUF: Wenn ihr/Sie gern über das eigene Bundesland schreiben wollt, nehmt Kontakt auf und beschreibt die Datenlage in den restlichen 12 Bundesländern:
Erstmal vielen Dank fuer die subjektive Zusammenstellung des Status Quo der Geodateninfrastruktur in Deutschland. Der Bericht zeigt schon zu Beginn eines ihrer groessten Probleme auf. Unter der Ueberschrift GDI-DE werden die Infrastrukturen/Portale der Laender als Sprachrohre der Vermessungs-/Katasteraemter bezeichnet. Dieser Eindruck wird wohl durch die Webauftritte der Organisationen, die in den Laendern fuer den Aufbau der jeweiligen GDI zustaendig sind, hervorgerufen. Der Aufbau und Betrieb einer GDI ist aber grundsaetzlich ein verwaltungsebenenuebergeifendes Projekt. Die Daten, die erschlossen und zugaenglich gemacht werden sollen, stammen nur in verschwindend geringer Zahl aus dem Zustaendigkeitsfeld der Vermessungs- und Katasterverwaltungen. Der schleppende Aufbau der Infrastrukturen… Weiterlesen »